Burg Reichenstein: Majestätische, mittelalterliche Burg inmitten des Welterbes „Oberes Mittelrheintal“
Der 27. Juni 2002 war ein bedeutender Tag für die Kulturlandschaft „Oberes Mittelrheintal“ sowie die mittelalterlichen Burgen und Schlösser, die sich von Bingen bis nach Koblenz über 67 Kilometer entlang des Rheins erstrecken. An diesem Tag wurde die Kulturlandschaft in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen – und damit der Einzigartigkeit des Kulturraums sowie der kulturellen und historischen Bedeutung der romantischen, rheinischen Burgen Rechnung getragen.
Dramatisch-schöne Gemäuer und von steilen Hängen umgebene, altehrwürdige Burgen, auf denen im Hochmittelalter rauschende Feste und Kämpfe ausgetragen wurden oder alte Adelsfamilien ihren Sitz hatten: das Mittelrheintal ist auf der ganzen Welt bekannt für seine Dichte an mittelalterlichen Burgen und Ruinen.
Der Begriff der „Rheinromantik“ – die Verbindung aus prachtvoller Landschaft und der zur Zeit der Romantik aufgekommenen, kulturhistorischen Bedeutung der Region – ist nicht zuletzt auch eng mit den Burgen verbunden. Kaum ein Rheinland-Pfalz-Tourist lässt sich eine Schifffahrt durch das malerische Rheintal entgehen. Die meisten von ihnen wurden im 12. oder 13. Jahrhundert errichtet, manche noch früher.
Video: Burg Reichenstein
Burg Reichenstein – eine der ältesten Burgen im Mittelrheintal
Zu den Burgen, die noch eher gebaut wurden, gehört auch Burg Reichenstein, bekannt auch unter dem Namen „Falkenburg“, die oberhalb der Gemeinde Trechtingshausen, ca. 5 Kilometer von Bingen entfernt, auf einem vorspringenden Felsstück thront. Schätzungen besagen, dass die beeindruckende Burganlage im 11. Jahrhundert errichtet wurde, womit sie zu den ältesten Burgen im gesamten Rheintal zählt. Ein Fakt, der auch Jahr für Jahr Tausende Besucher anzieht: rund 35 000 Menschen überzeugen sich jedes Jahr von der besonderen mittelalterlichen Atmosphäre und dem außergewöhnlichen Ambiente auf der Burg.
Impressionen von der Burg und Bilder der atemberaubenden Aussicht über die Kulturlandschaft „Oberes Mittelrheintal“ gibt es unter www.burg-reichenstein.com.
Die erste urkundliche Erwähnung der Anlage stammt aus dem Jahre 1213. Es waren die Urkunden der in der Nähe von Aachen gelegenen Reichsabtei Kornelimünster, ein Benediktiner-Kloster, die zum ersten Mal die Burg im heutigen Landkreis Mainz-Bingen nannte. Die Einschätzung des Errichtungsalters der klassischen Höhenburg, also einer auf einer natürlichen Anhöhe errichten Anlage, beruht auf Untersuchungen des Efeu, der noch heute an der Außenmauer wächst. Experten und Wissenschaftler schätzen sein Alter auf rund 1000 Jahre.
Ereignisreiche Geschichte hinter meterdicken Mauern
Ursprünglich erbaute man Burg Reichenstein, um das Zollrecht auszuüben, also um von vorbeikommenden Reisenden und Händlern Zoll zu erheben. Unweit von Burg Reichenstein befindet sich Burg Sooneck. Die Ritter beider Burgen waren bekannt für ihre gewalttätigen, rücksichtslosen Raubritterzüge. Ein frühes einschneidendes Ereignis in der Geschichte der Anlage lässt sich auf das Jahr 1282 datieren, da eine erste Eroberung der Burg ca. 30 Jahre zuvor von der Forschung angezweifelt wird.
Der erste römisch-deutsche König aus dem Geschlecht der Habsburger, Rudolf IV., eroberte und zerstöre die Burg 1282. Zuvor ließ er die Raubritter von Reichenstein so lange hungern, bis diese sich freiwillig ergaben. Nachdem er die Burg erobert hatte, wurden die Raubritter hingerichtet. Im Anschluss veranlasste das Erzbistum, dass die Anlage nicht wiederaufgebaut werden dürfe.
1290 ging die zerstörte Anlage in den Besitz der Pfalzgrafen, wobei erst die Söhne des Pfalzgrafen Ludwig von Strengen, den Wiederaufbau der Ruine vorantrieben. 1344 dann gelangte die wiederaufgebaute Burg zurück an das Erzbistum und diente ab 1361 – damals im Besitz des Domkapitels – ausschließlich als Wohnburg. Als Verteidigungsanlage und Festung war Burg Reichenstein bald völlig bedeutungslos, da sie zu schlecht ausgestattet war und dadurch militärisch nicht mehr genutzt werden konnte.
Die Folge: Ab dem 16. Jahrhundert wurde Reichenstein sich selbst überlassen und verfiel. Es dauerte drei Jahrhunderte, bis der Generalmajor Franz Wilhelm von Barfus-Falkenburg die Burg erwarb und den einzig noch original erhaltenen und nicht zerstörten Turm zu einer Wohnung ausbauten ließ.
Ihr heutiges Antlitz verdankt die Burg dem wohlhabenden Industriellen Baron Nikolaus Kirsch-Puricelli, der Burg Reichenstein ab 1899 von einem bayerischen Architekten im neugotischen Stil zu einer prächtigen Wohnburg umbauen ließ. Bis in die 30er-Jahre hinein bewohnte der Baron mit seiner Familie die Burg. Es war sein Sohn, der in der Burg später ein Museum einrichten ließ, das noch heute zu den Highlights der Anlage zählt.
Burg Reichenstein verdankt seine Ausnahmestellung u.a. der Tatsache, dass sie die letzte aller mittelalterlichen Burgen des Oberen Mittelrheintals war, die am Ende der Epoche der „Rheinromantik“ wieder aufgebaut wurde – und seitdem wieder in vollem Glanz erstrahlt, mit einer atemberaubenden Aussicht auf den Rhein, der acht Meter dicken Schildmauer, den imposanten Ecktürmen oder auch der alten Zugbrücke.
Heute beliebter Ort für Hochzeiten, Feste und Tagungen
Mehr als 50 Burgen und Schlösser säumen den romantischen Rhein entlang der Kulturlandschaft „Oberes Mittelrheintal“ – und Burg Reichenstein ist eine davon. Ein Mekka für Mittelalter-Fans und für alle, die an der Geschichte und dem Leben tapferer Ritter und stolzer Burgherren interessiert sind und sich auf authentische Zeitreise in eine spannende Epoche begeben wollen.
So kann natürlich auch Burg Reichenstein besichtigt werden, um einen detaillierten Einblick in ihre reiche Geschichte zu erlangen und das mittelalterliche Leben und Treiben hinter martialischen, starken Burgmauern kennenzulernen. Dazu laden neben dem Museum u.a. das Burghotel und die Burgkapelle ein, in der man sich – inmitten der pittoresken Rheinromantik – trauen lassen kann.
Bis heute haben sich fast 80 Burgfräulein und Burgherren in den geschichtsträchtigen Mauern das Ja-Wort gegeben. Vom Standesamt über die kirchliche Trauung bis hin zur großen Feier im Anschluss – all das ist auf Burg Reichenstein möglich und wird von den Gastgebern, den individuellen Wünschen und Anforderungen entsprechend, geplant und umgesetzt. Als bezaubernder, alles andere als gewöhnlicher Austragungsort, dient Burg Reichenstein zudem als Stätte für Tagungen, Feiern und Events aller Art.
Burgmuseum ist bedeutender Teil rheinischer Tradition und Geschichte
Zu einer historischen, informativen Entdeckungsreise durch die Jahrhunderte lädt das Museum Reichenstein ein, ein bedeutender Teil rheinischer Kultur und Geschichte. Im Laufe der Jahre war Burg Reichenstein in unterschiedlichstem Besitz und alle Burgherren – ob Ritter, Kurfürsten oder Geistliche – hinterließen hier ihre Spuren. Zu sehen gibt es u.a. Weingläser aus der Römerzeit, Möbel aus der Zeit von Ludwig XV (also ca. aus der Mitte des 18. Jahrhunderts), eine beeindruckende Sammlung historischer, originalgetreuer Waffen und Ritterrüstungen sowie Wohnräume, die voll eingerichtet sind und einen detailreichen Einblick in das Leben von vor vielen hundert Jahren ermöglichen.
Wer sich länger als nur ein paar Stunden auf der majestätischen Anlage aufhalten und auch die Nacht auf einer echten Mittelalter-Burg verbringen möchte, der hat seit dem Frühjahr dieses Jahres die Gelegenheit dazu: das Burghotel Reichenstein bietet in 21 individuell gestalteten Zimmern die Möglichkeit, in historischem Ambiente zu nächtigen.
Um sich einfach nur zu stärken bzw. bei delikaten, leichten oder rustikalen Speisen die Aussicht über den Rhein zu genießen, der findet im burgeigenen Restaurant „Puricelli“ das Richtige. Regional inspirierte Gerichte, dazu ein passender Wein aus einer der besten Weingegenden Deutschlands, werden serviert. Alle Gerichte, ob Hauptspeisen, Saucen, Eis, Pralinen oder Gebäck, bereiten die Köche frisch und selbst zu.
Zu erreichen ist Burg Reichenstein problemlos sowohl mit dem Zug als auch mit dem PKW. Die Bahn fährt direkt zur linksrheinischen Station Trechtingshausen. Mit dem Auto geht’s über die A61 bis zur Abfahrt Bingen. Dann über die B3, gleich nach dem Ortseingang Trechtingshausen, in die erste Straße nach links abbiegen, die direkt zur Burg führt. Parkplätze gibt es vor der Burg.
Bildnachweis: Fotolia-Titelbild: irish-#01: robertdering-#02: robertdering-#03: Andy Ilmberger-#04: jarek106